Unfälle in Europa im Jahr 1996

(7 getötete und 5 verletzte FA)

Hinweis: in der Statistik sind auch Unfälle enthalten die bisher nicht veröffentlicht wurden. Daher kann es vorkommen, dass die Gesamtzahl der betroffenen FA die Summe der in den Berichten erwähnten übersteigt.


- Durchzündung - vier verletzte FA

(bl) Berlin. Der Brand in einem Nachtclub forderte vier verletzte Feuerwehrmänner. Nach dem Einschlagen eines Fensters zur Belüftung der Räumlichkeiten kommt es zu einem Flashover. Dabei wurde ein Kollege lebensgefährlich verletzt. Er erlitt Verbrennungen 2. und 3. Grades auf etwa 25% der Körperfläche und Verätzungen der Atemwege. Zwei weitere FA werden schwer, ein Vierter leicht verletzt. Es gilt als gesichert, dass die neue Schutzkleidung einen besseren Schutz vor dem flashover hätte bieten können!

Quelle: UB 3/96, Berliner Feuerwehr, Berliner Zeitung

- Durchzündung - 2 getötete FA

(reb) Blaina (Wales, Großbritannien) - Um kurz nach 6 Uhr morgens wurde ein Löschfahrzeug (besetzt 1/5) zu einem Wohnhausbrand alarmiert. Als bekannt wurde, dass noch Personen im Gebäude vermisst wurden, wurde ein zweites Löschfahrzeug (1/4) nachalarmiert.

Der Einsatzort war ein Reihenhaus, bestehend aus Erdgeschoss und erstem Obergeschoss. Die Küche, in der sich laut späteren Untersuchungen Kleidungsstücke entzündet haben, befand sich auf der Rückseite des Gebäudes. Bei Eintreffen der Feuerwehr wurden noch 2 Kinder im ersten Obergeschoss des Hauses vermisst.

Direkt nach Eintreffen der ersten Einheit ging ein Trupp mit einer Hochdruckleitung durch die Eingangstür in den ersten Stock zur Personensuche. Zeitgleich wurde eine zweite Leitung zur Brandbekämpfung vorbereitet, die jedoch nicht lang genug war um die Rückseite des Gebäudes zu erreichen. Nach etwa zwei Minuten konnte der Trupp das Erste der beiden vermissten Kinder aus dem Haus bringen. Der Trupp übergab das Kind und ging sofort wieder in das Haus vor.

Da die Brandbekämpfung bis zu diesem Zeitpunkt noch nicht aufgenommen worden war hatten sich weiterhin brennbare Gase gebildet, die durch das ganze Haus strömten. Nicht einmal eine Minute nachdem der Trupp wieder in das Haus vorgegangen war kam es zu einer Durchzündung, deren Druchwelle die Eingangstür zuschlug. Dabei wurde die Schlauchleitung des Angriffstrupps eingeklemmt, so dass dieser die Tür nicht mehr öffnen konnte.

Erste Rettungsversuche, die mit einer zweite Hochdruckleitung vorgetragen wurden, hatten aufgrund der Brandintensität keinen Erfolg. Erst nach Eintreffen der zweiten Einheit konnte die Tür geöffnet und die beiden Feuerwehrmänner aus dem Gebäude gerettet werden. Beide Angehörige des Angriffstrupps sowie das zu diesem Zeitpunkt noch vermisste Kind starben.

Quelle: 12-Minutes On the Firegound

- Kellerbrand - ein getöteter und ein verletzter FA

Köln (NRW). Kellerbrand. Ein BM der BF stirbt. Er hing mit seiner Leine fest und erstickte.

Einsatzverlauf: Ein 3er Trupp (TrF, TrM 1 und TrM 2) der BF geht bei Sicht "null" mit Schnellangriff vor -> Drall -> C-Rollschlauch angefordert -> Rückzug -> erneuter Angriff mit Rollschlauch -> Restdruckwarner des TrM 1 -> TrF ordnet Rückzug an -> TrM 1 verliert Leine -> hängt fest -> Befreiung misslingt -> Luft leer -> Bewusstlosigkeit tritt ein -> Kommunikationsprobleme -> TrF geht alleine zurück -> TrM 2 bleibt beim TrM 1 -> Rettungstrupp (vom TrF verständigt, R-Trupp ohne Funk) holt den verunglückten TrM 1 heraus -> Reanimation erfolglos

Beim Versuch den verunglückten Kameraden zu befreien legte der zweite Angriffstruppmann seine Handschuhe ab und zog sich deshalb erhebliche Verbrühungen an den Händen zu.

Kurzer Einsatzbericht, Schlussbericht der Unfallkommission

Innerhalb der Unfallkommission kam die Frage auf, ob die heutige Schutzkleidung u.a. mit Flammschutzhaube die FA so weit von der Umgebung abschirmen, dass Gefahren nicht mehr rechtzeitig erkannt werden können und dadurch unbewusst das Risiko steigt. Die zum Einsatz befragten Kollegen sind jedoch einheitlich und nachdrücklich der Auffassung, dass ein maximaler Schutz, insbesondere in Verbindung mit der Flammschutzhaube, alle Nachteile gerade bei unvorhergesehenen Ereignissen (F/O...) aufwiegt. Ohne die Schutzkleidung wäre es den Kollegen überhaupt nicht möglich gewesen, sich bei dem bewegungsunfähigen BM Stampe auch nur kurze Zeit aufzuhalten (vgl. Verbrühungen). Ein Messer als Teil der persönlichen Ausrüstung wird allgemein vermisst. Es ist Standard bei vielen Feuerwehren.

Seit diesem Kölner Unfall gehört der Schnellangriff in vielen Feuerwehren zur Vergangenheit bei Innenangriffen. Ausnahmen gibt es u. a. in Wehren mit Hochdrucktechnik (Österreich...). Generell kann man sagen, dass man den formstabilen Schnellangriff nur für übersichtliche Einsatzstellen nutzen kann, wie z. B. Kleinbrände (PKW, Container...). -> siehe auch die Präsentation der LFS Baden-Württemberg!

Quelle: 112 8/96, Brandschutz, Internet

- Großbrand - drei getötete FA

(bl) Niederbipp (Schweiz). Bei der TELA AG, eine Papierfabrik, bricht ein Großfeuer aus. Zwei Stunden nach der Alarmierung sterben drei Feuerwehrmänner. Als Todesursache wird eine Rauchgasintoxikation festgestellt.

Einsatzverlauf: (Freitag) 13.00 Uhr 3er Trupp unter PA in das UG 13.20 Uhr -> Luft geht leer -> Truppüberwacher befiehlt Rückzug -> Trupp bestätigt -> Funkverbindung bricht ab -> Trupp wird vermisst -> Rettungstrupp mobilisiert -> umfangreiche Suchaktion -> Löschaktionen werden vernachlässigt -> Eskalation -> massive Verstärkung -> Ambulanzen und RTH stehen bereit -> (Freitag) 16.30 Uhr Suche wird aufgrund enormer Hitze- und Rauchentwicklung eingestellt -> (Samstag) 8.00 Uhr 1. Vermisster gefunden -> (Dienstag) 0.10 Uhr 2. und 3. Vermisster gefunden -> Bergung der Vermissten am morgen

Eine Untersuchung der EMPA (Eidg. Materialprüfungsanstalt) an den verwendeten Pressluftatmern hat ergeben, dass alle Ventilblöcke zur Druckreduzierung undicht waren. Zwischen 108 °C (nach 18 Minuten) und 76 °C (7 Minuten) wurde bei Laborversuchen ein technischer Defekt am Ventilblock festgestellt. Welchen Temperaturen die PA beim "TELA-Brand" ausgesetzt waren kann nicht rekonstruiert werden . Die Pressluftatmer erfüllten jedoch die Prüfanforderungen und Euro-Normen, teilweise übertrafen sie diese.

Quelle: Erich Oettli (gekürzte Version), Der ausführliche Einsatzbericht umfasst sieben Seiten, nachzulesen in der 112, Ausgabe 4/97, der Untersuchungsbericht wurde in der 112, Ausgabe 7/97 auf den Seiten 386-390 veröffentlicht.