- Möbelhausbrand - 9 Tote FA, unbekannte Anzahl an Verletzten

(ar) Charleston/SC (USA) - Beim Brand eines Großmarktes für Möbel starben während der Brandbekämpfung neun AGT. Zum Unfallzeitpunkt befanden sich die FA zusammen mit weiteren AGT im Innenangriff und waren auf der Suche nach vermissten Zivilisten.

Der genaue Unfallhergang ist noch unklar; wahrscheinlich führten schnelle Brandausbreitung und der Einsturz des Daches sowie Teile des Hochregallagers innerhalb des Gebäudes zu den Todesfällen. Weitere FA konnten sich durch die Fensterfront ins Freie retten.

Auffällig ist, dass die Opfer relativ weit voneinander entfernt im Gebäude gefunden wurden. Bundesinstitutionen haben die Untersuchung des Unfallhergangs übernommen.

Quelle: Sammlung von Berichten zum Unfall auf firehouse.com
Weitere Infos:

Video , Hinweis von Firefighterclosecalls.com
vorläufige, inoffizielle Darstellung des Einsatzablauf

22.08.07 9 Tote in Charleston: Untersuchungskommission gibt vorläufige Empfehlungen bekannt.

(ar) Charleston/SC (USA) - "Die Feuerwehr Charleston benutzt veraltete Taktiken und betagte Ausrüstung, die grundlegenden Änderungen unterzogen werden müssen, um allgemein anerkannte Standards zu erreichen". So zumindest die Aussage der Untersuchungskommission.

Eine unabhängige Untersuchungskommission aus Experten im Brandschutz stellte die Ergebnisse und Handlungsempfehlungen basierend auf den Abläufen des Einsatzes im Sofa Super Store dar, bei dem 9 FA ums Leben kamen (wir berichteten).

U.a. beinhaltet die Liste der Verbesserungen mangelhafte Ausrückungsstärken, ungenügende Umsetzung von Sicherheitsvorschriften und das Versäumnis, moderne, national anerkannte Techniken und Taktiken umzusetzen.

Die Kommission will weitergehende Ergebnisse ihrer Untersuchung und weiterführende Ergebnisse zu einem späteren Zeitpunkt bekannt geben. Die bereits festgestellten Mängel waren jedoch derart gravierend, dass sie schnellstmöglich behoben werden müssten. Hinzu kommt, dass viele Empfehlungen sehr schnell und mit wenig Aufwand umzusetzen wären, teilte ein Mitglied der Kommission mit.

Auch die Politik unterstützt dieses Vorhaben und ist gewillt, benötigte Gelder unkompliziert bereitzustellen.

Laut der Kommission wurde die Ausrüstung der Feuerwehr nicht veränderten Bauweisen und der weitläufigen Verwendung von Materialien angepasst, welche Feuer heißer und schneller brennen lassen. Daher wären die Sicherheitsreserven sehr eng gewesen.

Auch personelle Veränderungen in der Führung der Feuerwehr sind nach Bekanntgabe der vorläufigen Untersuchungsergebnisse zumindest nicht unwahrscheinlich.

Die Empfehlungen:
Personal
Sicherheit:
Ausbildung:
Kommunikation
Ausrüstung.

25. Mai 2008 - Abschlussbericht der Unfallkommision

Die Unfallkomission gab ihren Abschlussbericht zum Unfall im Sofa Super Store bekannt. Die wichtigsten Erkenntnisse sind nachfolgend aufgelistet:

Der 272 Seiten umfassende, sehr detaillierte Bericht der städtischen Untersuchungskommission, die aus externen Experten besteht, stellt eine ganzheitliche Aufarbeitung des tragischen Todes von 9 FA am 18. Juni 2007 dar.
Er enthält neben eingehender Schilderung der kalten Lage auch einen detailierten Einsatzablauf und viele Anhänge mit Informationen wie z.B. einer vollständigen Abschrift des gesamten Funkverkehrs während des Einsatzes, von der Notrufannahme angefangen.

Ursache des Brandes waren wohl unachtsam entsorgte Zigarettenkippen, die an der Außenwand des Gebäudes, eines Möbelhauses mit mehreren Nebengebäuden, gelagerte Möbel und Müll entzündeten und schließlich zu einem Brand führten, der nach Berechnungen des NIST eine Intensität von 50 bis 125 MW (!) hatte. Das Gebäude war sehr komplex, da es durch stetige An- und Umbauten immer mehr erweitert worden war und keine Brandschutzmauern oder Sprinkler vorhanden waren. Dazu kommt die immense Fläche, die das Gebäude einnahm, von über 4700 m².

Der Brand breitete sich dann auf Anbauten an das eigentliche Haus aus, für die es keine Baugenehmigungen gegeben hatte. Durch diese und weitere Anbauten waren aus ursprünglich einzeln stehenden Gebäuden, die alle für sich auch nicht gesprinklert sein mussten nach den geltenden Bauvorschriften, ein großer Komplex zusammenhängenden umbauten Raumes geworden, der eigentlich eine automatische Sprinkleranlage haben müssen. Die Anbauten waren auch in nicht feuerbeständiger Bauweise ausgeführt („F0“) und boten somit wenig bis keinen Feuerwiderstand. Davon ab waren alle Ausgänge bis auf den Haupteingang verschlossen, blockiert oder durch die Umbauarbeiten unbrauchbar gemacht worden. Dazu kommt noch, dass unerlaubter Weise größere Mengen an Gefahrstoffen (Lacke, Farben, Verdünner etc.) gelagert wurden, welche in Kombination mit der an sich schon hohen betriebsspezifischen Brandlast (Möbel, Kissen, Polsterungen etc.) wohl zu der zügigen Brandausbreitung beitrugen.

Der Brand breitete sich dann weiter auf den Hauptausstellungsraum, die angrenzenden Ausstellungsräume und das rückwärtig gelegene Lagerhaus aus.

Als Kräfte zuerst vorgingen, war innerhalb des Gebäudes noch kein Rauch zu sehen. So wurde neben einem im Außenangriff vorgenommenen Schnellangriffsrohr auch Rohre in durch das Gebäude an den auf der Rückseite gelegenen Brandherd vorgenommen, welche jedoch durch mangelhafte Löschwasseversorgung erst mit Verzögerung eingesetzt werden konnten.

Innerhalb nur weniger (ca. 5 min) setzte jedoch eine massive Verrauchung des Hauptausstellungsraumes ein, welche darauf zurückzuführen ist, dass sich davor Rauch in den Hohlräumen über den abgehängten Decken angesammelt hatte und als dieses Volumen gefüllt war, Rauch quasi „schlagartig“ den Raum füllte. Parallel nahm auch die Temperatur innerhalb des Gebäudes zu, was sich durch eine unter der Decke angesammelte Heißgasschicht erklären lässt.

Innerhalb weiterer ca. 5 min änderten sich die scheinbar die Bedingungen innerhalb des Gebäudes derart zum negativen, dass alle dort eingesetzten FA ihre Schlauchleitungen verließen und versuchten, Ausgänge zu erreichen und sich ins Freie zu retten. Ab dann wurden von den in Not geratenen FA auch Funksprüche abgesetzt, die jedoch draußen nicht aufgenommen wurden.

Ursache für diese dramatische Verschlechterung der Lage könnte ein Teileinsturz der Decke im hinteren Bereich des Gebäudes sein, wodurch große Mengen an überhitzten Gasen freigesetzt worden wären, durch welche die FA starker Wärme ausgesetzt worden wären. Auch eine Schnelle Brandausbreitung kann zu diesem Zustand geführt haben. Dies lässt sich abschließend nicht mehr eindeutig feststellen.

Kritischer Punkt im Verlauf des Einsatzes war das Einschlagen der gesamten Fensterfront an der Vorderseite des Gebäudes.  Allen Anzeichen und Beweisen nach war der Brand ventilationskontrolliert und somit noch relativ klein im Ausmaß. Als aufgrund der Meldungen von vermissten FA beschlossen wurde, die Fensterfront einzuschlagen, um Rauch abzuführen und die Sichtverhältnisse zu verbessern, wurden dem ventilationskontrollierten Brand Unmengen von Frischluft zugeführt, wodurch dieser brennstoffkontrolliert wurde und innerhalb von 3-4 min sich auf den gesamten Hauptausstellungsraum ausbreitete (Flashover).

Todesursache

Obwohl die Decke des Hauptteils des Gebäudes ca. 20 min nachdem der Laden in Vollbrand stand einstürzte, war dies nicht die Todesursache bei den Opfern. Diese starben entweder an Verbrennungen oder Rauchgasinhalationstraumata, d.h. sie hatten keine Atemluft mehr bzw. war kurz davor keine mehr zu haben und/oder wurden von der Schnellen Brandausbreitung erfasst.

Fehler im Einsatzverlauf

Einsatzführung
Taktik
Kommunikation

Fehler und Mängeln in der Kommunikation spielten eine wichtige Rolle bei dem Unglück.

Technik
Mannschaftsstärken
Üblicherweise sind in den USA LFs mit 4 Funktionen zu besetzen (GF, Maschinist, Angriffstrupp). Dies war nominell auch in Charleston der Fall, jedoch fuhren die meisten Einheiten standardmäßig mit nur 3 Funktionen aufgrund von Personalknappheit. Somit besaß kaum eine Einheit vor Ort ihre volle Mannstärke und konnte somit auch nicht mehrere Aufgaben gleichzeitig ausüben.
Einstellung

Generell ist anzumerken, dass auch die grundsätzliche geistige Einstellung der BF Charleston fehlerhaft ist. Sie war unzureichend ausgebildet, ausgerüstet und vorbereitet auf einen Einsatz dieser Komplexität. Die Feuerwehr versuchte, diesen Mangel durch ein gefährlich aggressives Vorgehen und unkoordinierte Aktionen auszugleichen. Dadurch gerieten FA tief in ein Gebäude, ohne die üblichen Sicherheitsvorkehrungen, die eigentlich vorhanden hätten sein müssen, um ihre Sicherheit zu gewährleisten. Diese Einstellung gilt es zu einem sicherheitsbewussteren Verhalten zu ändern.

Empfehlungen

Der Bericht schließt mit Empfehlungen, alle o.g. Fehler entsprechend zu verbessern, um so aus den gemachten Fehlern zu lernen, damit die neun FA nicht umsonst gestorben sind, sondern den Sicherheitsstandard zu verbessern helfen.

Fazit

Zum Abschluss ein Original-Zitat aus dem Unfallbericht, das die Grundaussage dieser Untersuchung sehr gut und extrem(!) deutlich zusammenfasst und ein vernichtendes Urteil fällt:

The Charleston Fire Department did not have the resources, training, or leadership that would have been required to conduct an operation of this size and complexity in the limited time that was available.

(Die Feuerwehr Charleston hatte weder die Ressourcen, die Ausbildung noch die Führung, die nötig gewesen wären, um einen Einsatz dieser Größe und Komplexität in der Kürze der vorhandenen Zeit durchführen zu können).

Nur durch derartig schonungslose Aufklärung von Unfällen kann die Sicherheit von Feuerwehrleuten für die Zukunft erhöhten werden, in dem man aus den Fehlern der Vergangenheit lernt und die entsprechenden Schlüsse zieht.